Heute möchte ich euch einen Einblick in die kreative Seite meiner Arbeit geben. Oft ergibt sich im Laufe des Vorgespräches ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Paargeschichte zieht. Darauf baue ich dann meine Rede und den Rest der Zeremonie auf.
Bei diesem Paar war es zum Beispiel das Thema Briefe. Ein Brief, in dem man sich noch vor Beginn der Beziehung seine Gefühle gesteht. Liebesbriefe zum Jahrestag. Und noch viele weitere, die darauf folgten. Eine Tradition, die man wunderbar in die Trauung aufnehmen kann. Denn, was man schreibt ist manchmal noch mehr Wert als das, was man sagt. Weil wir beim Schreiben unsere Worte ganz bewusst auswählen. Worte, über die wir lange hin und her überlegen, an denen wir feilen können bis sie ganz perfekt sind und genau das beschreiben, was wir fühlen. Was wir aufgeschrieben haben, können wir uns aufheben. Können wir wie einen Schatz bewahren und immer wieder nachlesen, uns an das Gefühl erinnern. Und zu guter Letzt ist das, was wir schreiben verbindlich. Da kann man uns darauf festnageln, schließlich haben wir es schriftlich gegeben. Da kann man Brief und Siegel drauf geben.
Und gleichzeitig bietet es die Lösung für eine zentrale Frage bei der Vorbereitung: Ja-Wort oder eigene Eheversprechen? Viele Paare finden die Idee, ein ganz persönliches Versprechen an ihren Partner zu verfassen sehr schön, scheuen sich aber, dies vor allen Gästen laut vorzutragen. Einerseits, weil die Stimme versagt wenn man von seinen Gefühlen überwältigt wird, andererseits, weil man seine innigsten Gedanken vielleicht doch nicht mit der ganzen Hochzeitsgesellschaft teilen möchte.
Daher haben wir uns bei dieser Trauung für einen Mittelweg entschieden. Ich habe ein individuelles Ja-Wort formuliert, das ich den beiden laut vor allen Gästen abgenommen habe. Danach haben die beiden ihre Eheversprechen in Form eines Briefes ausgetauscht und still für sich gelesen. Zur Hintergrunduntermalung lief dabei eine Instrumentalversion des Einzugsliedes.
Danach haben sie ihre Versprechen in einen Umschlag gelegt und im Rahmen eines ganz eigenen Traurituals versiegelt. Dabei haben sie das Siegelwachs über einer Kerze geschmolzen, eine erste kleine Hürde, die sie als frisch gebackenes Ehepaar überwinden mussten, denn diese zarte Flamme musste vor dem Wind geschützt werden, damit sie nicht gleich wieder ausgeht. Das Wachs habe ich in in zwei verschiedenen Farben gewählt. Dies symbolisiert - ähnlich wie beim Sandritual - die Verbindung zweier Individuen zu einer unzertrennlichen Einheit. Der Siegelstempel trägt natürlich die Initialen der beiden und kann später noch wunderbar für Dankeskarten und so weiter eingesetzt werden.
Damit war das Glück dieser beiden besiegelt. Auf diese Weise kreativ zu werden ist eine meiner Lieblingsseiten meiner Arbeit als freie Traurednerin. Manchmal ist es eine Abwandlung eines klassischen Rituals, manchmal etwas ganz Neues. Und immer wieder auf seine eigene Weise berührend und einzigartig.